17.11.10

Anthroposophische Vorträge II

Wenn ich Vortragende in der gestern beschriebenen Weise reden höre, dann kommt mir immer das Bild der "Schlagsahne".
Steiners Werke zeichnen sich ja dadurch aus, dass sie hohe Anforderungen an den Leser stellen. Das wird ja auch ständig kritisiert. Dabei ist es eine völlig bekömmliche Kost, wenn man sein Denken wirklich beim Lesen aktivieren will. Der härteste Brocken wird verdaulich.

Nun kann man ja einen etwas trockenen Kuchen durchaus mit Schlagsahne etwas schmackhafter machen. Dagegen wird man wohl kaum etwas einwenden.

Aber es fällt mir bei dem angesprochenen Typ von Vorträgen auf, dass die Redner sich aus dem Werk Steiners gewissermaßen gerne die Schlagsahne picken. Was Steiner über Jahre bei seinen Zuhörern vorbereitete, bevor er bestimmte Dinge aussprach, das sahnen nun diese Vortragenden ab und verwenden es frisch und frei in ihren eigenen Darstellungen. An das Denken der Zuschauer wird nicht appelliert, sondern an ihren Applaus, der dann gewöhnlich auch lautstark ertönt. Man will noch mehr; am liebsten hätten die Zuhörer dann noch eine Zugabe.

An solchen üppigen "Schlagsahne-Vorträgen" verderben sich die Leute den eigenen Geist; leider ohne dass sie es merken. Hat man ein wenig Sensibilität dafür entwickelt, dann reichen schon 15 Minuten eines solchen Vortrages, weil man dann soviel Gewaltiges gehört hat, worüber man Wochen nachdenken könnte. Aber die nächsten 15 Minuten überdecken dann die ersten Aussagen; und so geht es munter weiter.