6.10.10

Geburtstagsfeier 2011

Die Gesellschaft bemüht sich mit all ihren Kräften, die Geburtstagsfeier im nächsten Jahr vorzubereiten. Nun soll es sogar einen Sonderzug "Rudolf-Steiner-Express" geben.
Da beschleichen einen ganz sonderbare Gefühle. Wen nicht solche unangenehmen Gefühle beschleichen, der möge lieber nicht mehr weiterlesen.
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Vielleicht hat der eine oder andere Anthroposoph ein Gefühl dafür, wie gewaltig die Größe unseres Geisteslehrers ist. Man stelle sich einmal vor, was diese Individualität wohl von uns erwarten würde, wie wir das Jubiläumsjahr begehen mögen?

Er selbst ließ sich zu Lebzeiten nie feiern. Wenn man einen besonderen Stuhl zu seinem Geburtstag in die Mitte rückte und ihn bat, sich darauf zu setzen, damit man ihn feiern könne, dann lehnte er das ab.

In einem solchen Festesszenarium, wie es geplant ist, feiern die Anthroposophen eher sich selbst, nicht ihren Inspirator.
Der würde wohl ganz andere Erwartungen an seine Schüler stellen. Er würde sicher noch viel größere Anstrengungen in der geistigen Arbeit, im Verwandeln der Persönlichkeit als ein viel schöneres Geburtstagsgeschenk empfinden.

Man könnte ja für das Jubiläumsjahr verabreden, dass alle besonders gründlich und bewusst ein Jahr lang die Nebenübungen machten. Oder ein Jahr lang besonders ernsthaft, innig, herzlich, lebhaft ihre Meditationen praktizieren. Oder eine ungünstige Gewohnheit überwinden.
Da würde es wie ein verstärktes Leuchten von diesem Planeten in den Weltenraum hinausgehen, dass man es noch weithin wahrnehmen könnte: JA, da sind Menschen. die haben die Botschaft Rudolf Steiners verstanden, sie ehren ihn und sich durch ihre inneren Bemühungen, nicht durch äußere Aktivitäten wie große Kongresse und Express-Züge, die lautstark durchs Land ziehen und auf ein lautes Presse-Echo schielen.

Da kann ich auch voll die Worte von Judith von Halle in den "Info-Seiten-Anthroposophie"  (Info3-Verlag- Herbst 2010) unterstreichen: "Ich könnte mir vorstellen, dass Rudolf Steiner glücklicher wäre, wenn Anthroposophie heute in der Gemeinschaft kräftiger Iche lebendig und schöpferisch in der Welt vertreten würde..."
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KOMMENTAR:


Anonym hat einen neuen Kommentar zu Ihrem Post "Geburtstagsfeier 2011" hinterlassen:

"Eines der drei Ideale des Bewusstseinsseelenzeitalters ist das wirkliche Interesse am anderen Menschen, das soziale Menschenverständnis; dies könnte bedeuten, dass man zunächst einmal ganz unbefangen fragen und zuhören wollen müsste, bevor man etwas wie die Motivfrage anderer Personen - ohne diese Personen zu kennen - aus der eigenen Vorstellung heraus "nachzuvollziehen" beginnt; wenn dieses Ideal nicht erfüllt wird, kommt man auch mit dem letzten der drei Ideale, der Geisterkenntnis durch Geisteswissenschaft nicht weiter, so Steiner. Schlimmstenfalls führt dies vielmehr zu anthroposophischem Fanatismus und/oder sozialem Autismus. Und anthroposophischer Fanatismus (Steiner warnte vor jeder Art von Fanatismus!) äußert sich besonders oft durch radikales Hängenbleiben in dualistischen Denkgewohnheiten.

Vieles von dem, was Sie schreiben, ist ja ganz schön. Nur ist der Ihren Aussagen immanente Dualismus selbst dazu geeignet, den Leser in die Lage zu versetzen, dass ihn "ganz sonderbare Gefühle beschleichen können". Wieso schliesst denn das eine das andere so unerbittlich aus?

Wieso wollen Sie Steiner eigentlich nur zum Geburtstag etwas schenken, was er sich vielleicht von Ihnen erwarten würde? Warum nicht jedes Jahr? Und: was sagt so eine angenommene Erwartungshaltung über Ihr Freiheitsverständnis aus, ist das nicht viel zu wenig freilassend, weil moralisch erdrückend? Das sind nur einige Fragen, die man sich auch stellen könnte, ganz ernsthaft, aber nicht fanatisch.

Kennen Sie denn die Initiatoren des Zuges, wissen Sie Genaueres über das Meditationsverhalten der an dem Zugprojekt beteiligten, können Sie ausschliessen, dass diese Menschn gerade die Nebenübungen auch in diesem Jahr besonders ernsthaft, innig und herzlich praktizieren? Schliesst das eine das andere aus? Ihrer Formulierungsweise nach wissen Sie scheinbar relativ wenig über das Zug-Projekt, seine Mitarbeiter und deren Motive, scheuen aber nicht davor zurück, ihnen unbekannterweise per Internetpublikation Unterstellungen zu unterbreiten. Sie sind doch Anthroposoph, oder? Ist so eine Vorgehensweise anthroposophisch vertretbar? Ist sie nicht sogar etwas respektlos?

Vielleicht ist ja doch etwas mehr "Sowohl-als-auch" notwendig, etwas weniger starre Einschränkungen auf eine objektive Wahrheit, die nur aus der eigenen Vorstellung gespeist ist und einem wirklichen Interesse am anderen Menschen und dessen Motivationen zuvorkommt und dieses Interesse letztlich vereitelt. Vielleicht ist es manchmal doch besser, einfach ins Gespräch zu kommen, Fragen zu stellen und zuzuhören, bevor man sich ein Urteil von etwas oder jemand bildet, ohne ihm begegnet zu sein. Dies wäre zumindest auch der respektvollere Weg."